Simonsohn, Berthold

Jurist, Soziologe und Gemeindefunktionär, geb. 24.4.1912 Bernburg (Anhalt), gest. 8.1.1978 Frankfurt a. M.

S. wuchs in Bernburg auf, wo er das Humanistische Gymnasium besuchte; er studierte von 1930 bis 1934 in Halle und Leipzig Rechtswissenschaften. Bereits in jungen Jahren war er zionistisch und linkssozialistisch engagiert. 1934 schloss er sein Studium mit der Promotion ab; das Staatsexamen abzulegen wurde ihm verwehrt. 1934 bis 1936 war er in der Papierwarenfabrik seines Vaters beschäftigt. 1938/39 arbeitete er in Stettin als Bezirksfürsorger der Zentralwohlfahrtsstelle der deutschen Juden. Am 9. November 1938 wurde er verhaftet und in das KZ Sachsenhausen eingeliefert. Danach ging er nach Hamburg und übernahm die allgemeine Wohlfahrtspflege ( Sozial- und Wohlfahrtswesen), die Wirtschaftshilfe, Berufsumschichtung für Jugendliche ( Hachschara) und die jüdische Winterhilfe sowie die stellvertretende Leitung der Bezirksstelle Nordwestdeutschland der Reichsvereinigung. Im Juli 1942 wurde er nach Theresienstadt deportiert ( Deportation), wo er vor allem zionistische Jugendbildungsarbeit leistete. S. wurde mit seiner Frau Trude, die er in Theresienstadt heiratete, im Oktober 1944 nach Auschwitz deportiert und von dort nach Dachau und Kaufering überführt. Beide überlebten die KZ und organisierten 1945/46 in Theresienstadt die Repatriierung der deutschen und österreichischen Überlebenden. 1946 übernahm S. in Davos die Leitung eines Sanatoriums für lungenkranke zionistische Jugendliche, die Lager überlebt hatten. 1947 bis 1950 studierte er Soziologie, Sozialphilosophie und Sozialökonomie in Zürich. 1950 kehrte er nach Hamburg zurück, wo er in der Sozialabteilung, im Wiedergutmachungsreferat der Jüdischen Gemeinde und als deren Vorstandsmitglied wirkte. In einem Musterprozess erstritt S., dass die in der NS-Zeit zwangsweise Kennzeichnung mit dem »Judenstern« als haftgleich entschädigt wurde. Er gründete die Jüdische Zentrale Wohlfahrtsorganisation für die Bundesrepublik wieder und leitete sie bis 1961. Ab 1961/62 lehrte S. an der Frankfurter Universität – von 1966 bis 1977 als ordentlicher Professor – Sozialpädagogik, Jugendkriminologie und Jugendrecht. Er gründete und leitete Komitees, Initiativen und Arbeitsgruppen, von denen wichtige Impulse auf die Sozialpädagogik in Theorie und Praxis ausgingen.

Beate Meyer