Landshut, Siegfried
Politikwissenschaftler, geb. 7.8.1897 Straßburg, gest. 8.12.1968 Hamburg
L., einer der »Gründungsväter« der Politikwissenschaft in Deutschland, entstammte einer weitgehend assimilierten deutsch-jüdischen Familie. Nach dem Studium der Nationalökonomie, Philosophie und Sozialwissenschaften u. a. bei Edmund Husserl, Martin Heidegger, Max Scheler, Karl Jaspers und Alfred Weber wurde er 1925 Mitarbeiter im Institut für Auswärtige Politik in Hamburg und 1927 Assistent des Sozialökonomen Eduard Heimann an der Hamburgischen Universität. Von dort im Juni 1933 als »Nichtarier« vertrieben, lebten er und seine Familie unter schwierigsten Bedingungen im Exil in Ägypten, Palästina und Großbritannien (→ Emigration). Eine auf zwei Jahre befristete Anstellung an der Hebräischen Universität in Jerusalem wurde 1938 trotz Fürsprache renommierter Gelehrter nicht verlängert. L.s 1944 hebräisch gedruckte Pionierstudie über Die Gemeinschafts-Siedlung in Palästina (dt. 2004), deren scharfsinnige Kritik an einem Eckpfeiler der zionistischen Bewegung rüttelte, wurde weitgehend ignoriert, wenngleich von Martin Buber gewürdigt und mit dem Arthur-Ruppin-Preis ausgezeichnet. Bei aller Sympathie für die Kibbuzniks bemängelte der nonkonformistische Wissenschaftler, auch in den Kibbuzim hätten ökonomische Ziele eindeutig Vorrang vor einer gemeinsamen Idee der Lebensführung. Trotz starker Zweifel kehrte L. 1951 nach Hamburg zurück, um den neu eingerichteten Lehrstuhl für die »Wissenschaft von der Politik« zu übernehmen, den er bis 1965 innehatte. Orientiert am aristotelischen Polis-Konzept, bemühte er sich darum, die Politik aus ihrer 2000 Jahre alten Tradition heraus wiederzubegründen. Diesem Ziel war schon sein 1929 erschienenes Hauptwerk Kritik der Soziologie gewidmet. Bekannt wurde L. vor allem durch die Herausgabe der Frühschriften von Karl Marx (1932 bzw. 1953) und einer Auswahl von Texten Alexis de Tocquevilles (1954).