Liebeschütz, Hans

Historiker, geb. 3.12.1893 Hamburg, gest. 28.10.1978 Crosby bei Liverpool

L. besuchte das Johanneum, studierte ab 1912 Alte Geschichte und Klassische Philologie an der Universität Berlin und hörte zugleich Vorlesungen an der Lehranstalt für die Wissenschaft des Judentums. Von 1914 bis 1916 an der französischen Front, kehrte er gesundheitlich geschädigt aus dem Krieg zurück. 1918 nahm er in Heidelberg das Studium wieder auf und wurde 1920 promoviert. Der Rückkehr nach Hamburg folgte eine Lehrtätigkeit an Realschulen, von 1928 bis 1934 an der Lichtwarkschule. 1921 wurde L. in die Religionswissenschaftliche Gesellschaft aufgenommen, 1922 war er Mitbegründer der Nehemia Nobel B’nai B’rith-Loge ( Logenwesen). Mit der Kulturwissenschaftlichen Bibliothek Warburg war er über Fritz Saxl eng verbunden. Einem Vortrag an der Bibliothek zu Hildegard von Bingen folgte 1929 die Habilitierung zu diesem Thema. 1934 aus dem Staatsdienst entlassen, widmete er sich verstärkt der Erwachsenenbildung der Franz-Rosenzweig-Stiftung und dem Jüdischen Kulturbund. Ab 1936 wirkte er als Dozent an der Lehranstalt für die Wissenschaft des Judentums in Berlin. Während der Reichspogromnacht 1938 ( Novemberpogrom) in Hamburg verhaftet, verbrachte L. vier Wochen im KZ Sachsenhausen. Unterstützt von Saxl, gelang ihm 1939 die Ausreise nach England. Nach Internierung auf der Isle of Man im Jahr 1940 konnte L. ab 1942 an verschiedenen Schulen Latein unterrichten. 1946 noch Assistant Lecturer, bekam er eine Anstellung als Reader an der University of Liverpool, wo er bis zu seiner Pensionierung mittelalterliche Geschichte unterrichtete. 1947 wurde L. britischer Staatsbürger. Er war 1955 Mitbegründer des Leo Baeck Instituts. Nach seiner Ernennung zum außerplanmäßigen Professor durch die Universität Hamburg im Rahmen der Wiedergutmachung hielt er von 1960 bis 1963 Vorlesungen in seiner Heimatstadt. Liebeschütz forschte zeitlebens über das Judentum und die europäische Zivilisation in ihrem gegenseitigen Verhältnis wie Verständnis.

Hans-Michael Schäfer