Franz-Rosenzweig-Gedächtnisstiftung

Im November 1930 wurde unter dem Vorsitz des Tuchgroßhändlers und Gemeindevorstandsmitglieds Hermann Philipp (1863-1938) die F. ins Leben gerufen. Der Bildungsausschuss der Gemeinde unter der Leitung Fritz Warburgs sowie der Gemeindevorstand unterstützten die Stiftung finanziell. Benannt nach dem Philosophen Franz Rosenzweig (1886-1929), der zu den wichtigsten Exponenten der jüdischen Renaissance in der Weimarer Republik gehörte, widmete sich die F. der jüdischen Erwachsenenbildung.

Rosenzweig hatte mit seinem Freien Jüdischen Lehrhaus in Frankfurt a. M. eine neue Bildungsstätte für Erwachsene geschaffen, die sich mit jüdischer Tradition und Philosophie in zeitgemäßer Auslegung beschäftigen wollten. Im Anschluss an dieses »Neue Lernen« bot die F. in Hamburg seit dem Herbst 1932 akademische Arbeitsgemeinschaften, unter der Leitung namhafter Persönlichkeiten wie z. B. dem Bibelwissenschaftler und Rabbiner Benno Jacob oder der Kunsthistorikerin Rosa Schapire, an. Aber auch öffentliche Vorträge für ein breiteres Publikum zu religiösen, philosophischen oder künstlerischen Fragen standen auf dem Programm. Im Ehrenpräsidium der Stiftung waren mit Ernst Cassirer, Hermann Gumpertz, Alfred Levy, Paul Ruben und Max Warburg alle religiösen Richtungen der Gemeinde vertreten. Nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten entwickelten sich die Arbeitsgemeinschaften zu einer wichtigen Stütze für die Bedrängten. 1935 hatte die F. ungefähr 180 Mitglieder, es nahmen aber rund 750 Menschen an ihren Veranstaltungen teil. Nachdem Philipp im März 1938 gestorben war, ging der Vorsitz auf Paul Ruben über, bis im Juni 1938 alle Veranstaltungen der jüdischen Lehrhäuser im Reich verboten wurden. Die F. löste sich daraufhin auf, ihr restliches Vermögen von 900 RM erhielt der Jüdische Religionsverband Hamburg.

Kirsten Heinsohn