Widerstand, jüdischer
Das Thema W. und seine Definition gehört bis heute zu den umstrittensten Aspekten der deutsch-jüdischen Geschichte während des »Dritten Reichs«.
Angesichts einer staatlichen Politik, die erst auf die völlige Entrechtung und Vertreibung und schließlich auf die Ermordung der jüdischen Bevölkerung abzielte, lässt sich jede gegen diese Politik gerichtete Handlung als W. begreifen, also alle Akte kleinen und großen nonkonformen Handelns, durch die Verfolgte versuchten, Würde, Lebensunterhalt oder Leben zu retten. In der Forschung wird dies meist unter dem Begriff »Selbstbehauptung« zusammengefasst, worunter z. B. auch die Tätigkeit der jüdischen Gemeinden als Institutionen fallen, die sich nach Kräften bemühten, die Not zu lindern, Alternativen zu finden und konkrete Hilfe zu beschaffen. In Hamburg wurde diese Arbeit vorwiegend vom Hilfsausschuss der vereinigten jüdischen Organisationen Hamburgs koordiniert, während dem → Jüdischen Kulturbund Hamburg eine wichtige Rolle bei der moralischen Unterstützung der Verfemten zukam. Da die deutschen Juden schon vor 1933 keine homogene Gruppe mit gemeinsamen Zielen bildeten, war ein gemeinsames politisches Vorgehen gegen die neuen Machthaber nicht zu erwarten. Zudem hatten die verschiedenen antijüdischen Maßnahmen zur Folge, dass die jüdische Bevölkerung im Reich wie in Hamburg im Laufe der dreißiger Jahre zusehends verarmte, überalterte und verzweifelte – die Voraussetzungen für aktives Widerstehen also immer weniger gegeben waren. Dennoch kam es überall immer wieder zu mutigen Einzelhandlungen. In Hamburg protestierte der Kaufmann Walter Gutmann in einem Flugblatt, das er auch in anderen Städten verteilte, gegen den → Novemberpogrom. Er wurde verhaftet, verurteilt und 1942 nach Auschwitz deportiert. Es waren vor allem jüngere jüdische Männer und Frauen, die den Nationalsozialismus von Anfang an organisiert und politisch bekämpften und somit W. im engeren Sinne leisteten. Viele von ihnen waren schon vor 1933 politisch organisiert gewesen, wie etwa die beiden ehemaligen Talmud-Tora-Schüler und Kommunisten Georg Oppenheim und Rudolf Neumann oder Hilde Schottländer, Tochter des Universitätsprofessors → William Stern und Mitglied einer aus der KP ausgeschlossenen Splittergruppe. Andere kamen aus der jüdischen → Jugendbewegung und hatten sich nach der Auflösung bzw. dem Verbot der nichtzionistischen Gruppen entweder neuen Parteien angeschlossen oder sich weiter in losen Freundeszirkeln getroffen, deren hauptsächliches Ziel es war, den inneren und geistigen Zusammenhalt in der Diktatur zu bewahren. Ersteres galt z. B. für Rudolf Levy und Gisela Peiper, die aus den »Kameraden« kamen und für den Internationalen Sozialistischen Kampfbund in Hamburg illegale Arbeit leisteten, Letzteres für die Gruppe um Kurt von der Walde, Marion Deutschland und Werner Philip, die noch 1935 antifaschistische Jugendarbeit mit Schulungen und Fahrten organisierten. Alle erwähnten Widerständler wurden in den dreißiger Jahren verhaftet und konnten nach relativ kurzer Haftstrafe ins Ausland fliehen. Dies sind jedoch nur einzelne Beispiele, der Gesamtanteil jüdischer Kommunisten und Sozialisten am Hamburger W. ist bislang nicht erforscht.