Wiedergutmachung

W. umfasst im juristischen Sinn die Rückerstattung konfiszierten bzw. verlorenen Eigentums sowie die Entschädigung für erlittene Nachteile, wozu auch die Ermordung verwandter Personen oder Haftzeiten zählen. In Hamburg entstand die erste der sehr komplizierten W.-Regelungen im Dezember 1945.

Die britische Militärregierung erließ die »Zonenpolitische Anweisung Nr. 20«, um Displaced Persons und politisch, »rassisch« oder aus anderen Gründen Verfolgte mit Lebensmittelsonderrationen, Wohnungszuteilungen, Arbeitsplätzen oder finanzieller Hilfe unterstützen zu können. Ein Ausschuss prüfte »Würdigkeit« und Bedürftigkeit der Antragsteller und bewilligte einen besonderen Ausweis. Im Mai 1948 erließ die Hamburgische Bürgerschaft als erstes W.sgesetz das »Gesetz über Sonderhilfsrenten«, das den von den Ausschüssen anerkannten Verfolgungsopfern – auch zurückgekehrten Emigranten – Renten gewährte. Es folgten das Haftentschädigungsgesetz (August 1949) und schließlich das Hamburger Allgemeine Wiedergutmachungsgesetz (April 1953), das fast zeitgleich mit dem Bundesentschädigungsgesetz erlassen wurde. Bis 1953 wurden nach dem Sonderhilfsrentengesetz ca. 23.300.000 DM, nach dem Haftentschädigungsgesetz ca. 31.100.000 DM und nach dem allgemeinem Wiedergutmachungsgesetz 175.000 DM an Verfolgte gezahlt. Bei den späteren Leistungen nach dem Bundesentschädigungsgesetz, nach dem bis 1970 Anträge gestellt werden konnten, dominierten für Hamburg die bewilligten »Schäden im beruflichen Fortkommen« und »Schäden an Körper und Gesundheit«.

Die Wiedergutmachungsverfahren wurden aus vielerlei Gründen immer wieder kritisiert: So führten (teils sogar NS-belastete) Gutachter bis in die sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts psychische und physische Schäden auf angeborene Faktoren zurück; staatliche Akten, die finanzielle Einbußen bewiesen hätten, wurden nicht zur Verfügung gestellt usw. Als problematisch erwies sich auch die Stichtagsregelung, nach der die Antragsteller ihren Wohnsitz zu einem bestimmten Zeitpunkt in Hamburg haben mussten, oder die Fristenregelungen, die Betroffenen im Ausland nicht unbedingt bekannt waren. Vor allem aber erwies sich die Ausgrenzung vieler Opfergruppen (beispielsweise Zwangssterilisierte, Homosexuelle, Kommunisten u. a. »vergessene Opfer des NS-Regimes«) oder Personen, die als Kriminelle galten, aber tatsächlich aus politischen Gründen verurteilt worden waren, als sehr problematisch. Um diese Mängel zu beseitigen, stellte der Hamburger Senat 1988 20 Mio. DM (später auf 22 Mio. aufgestockt) zur Gründung der Stiftung Hilfe für NS-Verfolgte bereit. Deren Vorstand, in dem die Hamburger Verfolgtenorganisationen vertreten sind, bewilligte einmalige Leistungen oder Renten für mehr als 1.700 Personen.

Beate Meyer