Dessau, Paul
Komponist, geb. 19.12.1894 Hamburg, gest. 28.6.1979 Königs Wusterhausen bei Berlin
D.s Urgroßvater und Großvater waren Kantoren in der Israelitischen Gemeinde in Hamburg. Der Vater Sally Dessau war Tabakhändler; er lebte mit seiner zweiten Frau Louise, geb. Burchard, und dem einzigen Sohn Paul in bescheidenen Verhältnissen in Hamburg, teils im Hafenviertel, teils am → Grindel. Von Verwandten unterstützt, erhielt D. früh Geigenunterricht, beschritt dann aber die Kapellmeisterlaufbahn, zunächst 1912 am Hamburger Stadttheater, nach dem Krieg u. a. am Stadttheater in Köln (bei Otto Klemperer) und 1925/26 an der Städtischen Oper in Berlin (bei Bruno Walter). Gleichzeitig begann D. zu komponieren, worin er bald seine eigentliche Berufung erkannte. Neben der 1. Sinfonie (über eine Phrase aus der traditionellen Kol-Nidre-Melodie) entstand auch ein Adon Olam für Kantor mit Männerchor und Orchester für den synagogalen Gebrauch. 1933 floh D. überstürzt nach Paris (→ Emigration). Sein Hauptwerk im französischen Exil ist die große Pessach-Haggada für gemischten Chor, Kinderchor, Soli und Orchester auf einen Text von Max Brod. Die zweite Phase seines Exils ab 1939 verbrachte D. in den USA. Hier entstanden mehrere Vokalwerke, darunter ein Wajechulu und ein Hawel Hawalim. In künstlerischer Hinsicht tritt die dodekaphone Vertonung des 126. Psalms (Beschuw Adonaj) hervor. Seit seinem Kontakt mit Bertolt Brecht (1943) und nach seiner Remigration (1948) schuf D. als überzeugter Bürger der DDR noch viele Werke (darunter fünf Opern), in denen aber kaum noch jüdische Themen vorkommen. Bei seinen häufigen Reisen von Berlin nach Hamburg versäumte er nie, das Grab seines Vaters auf dem jüdischen → Friedhof in Ohlsdorf zu besuchen. Seine Mutter ist 1942 in Theresienstadt umgekommen. Die Stadt Hamburg ehrt D. mit einer Gedenktafel in der Nähe seines im Krieg zerstörten Geburtshauses am Hohlen Weg sowie mit der Paul-Dessau-Straße in Bahrenfeld.