Deportationen

Deportationen

Im Oktober 1938 wurden ca. 17.000 polnischstämmige Juden, davon 1.000 aus Hamburg, nach Polen oder ins Niemandsland zwischen den Grenzen abgeschoben. Drei Jahre später begannen die systematischen D. der Juden aus Deutschland. Hamburgs Gauleiter Karl Kaufmann hatte im September 1941 an Hitler appelliert, die Hamburger Juden abzuschieben, und kurz darauf vergeblich auf eigene Faust versucht, vier größere Transporte ins Generalgouvernement zu schicken. Zu diesem Zeitpunkt lebten noch 7.547 Juden in Hamburg.

Eine Vielzahl von Institutionen war in die D. involviert: Gestapo, Polizei, die Oberfinanzbehörde, das Wohnungs- und das Ernährungsamt, die Sonderdienststelle des Arbeitsamtes und andere. Sie regelten die finanzielle Ausplünderung der zu Deportierenden, die Sicherstellung ihrer beweglichen Habe zugunsten der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt und die Neuvergabe ihrer Wohnungen. Ca. 10.000 Hamburger Juden fielen dem Holocaust zum Opfer. Mit 17 Transporten wurden zwischen Oktober 1941 und Februar 1945 insgesamt 5.848 Personen aus Hamburg deportiert, von denen 5.296 ermordet wurden. Weitere 319 Personen wählten den Freitod, 140 Juden fielen der »Euthanasie-Aktion« zum Opfer. Ca. 700 in westliche Nachbarländer ausgewanderte Personen wurden von dort deportiert, während Nachweise über die Anzahl der in osteuropäische Länder Geflüchteten weitgehend fehlen. Am 25. Oktober 1941 wurden 1.034 Personen nach Lodz (Litzmannstadt) deportiert, die fast alle den Tod fanden. Am 8. und 18. November 1941 verließen 968 und 407 Personen Hamburg Richtung Minsk, es überlebten weniger als 20 Personen. Am 6. Dezember 1941 folgten 753 Juden dem Deportationsbefehl nach Riga. Damit war fast die Hälfte der Hamburger Juden innerhalb von drei Monaten »abgewandert«. Bis zu diesem Zeitpunkt existierte zwar die Absicht, die reichsdeutschen Juden in Ghettos im Osten zu konzentrieren und ihren Tod durch die dortigen Arbeits- und Lebensbedingungen billigend in Kauf zu nehmen, doch bestand noch keine verbindliche Klarheit über das ihnen letztlich zugedachte Schicksal. In den Ghettos Minsk und Riga wurden die einheimischen Juden erschossen, um Platz für die reichsdeutschen Juden zu schaffen, die ihrerseits ab 1942, als das Mordprogramm dann systematisch betrieben wurde, mit Gaswagen oder in Vernichtungslagern getötet wurden. Die Hamburger Bezirksstelle der Reichsvereinigung der Juden versuchte mittels Postsendungen und Geldanweisungen mit den Deportierten in Kontakt zu bleiben bzw. deren Weg zu verfolgen. Nach sechsmonatiger Pause wurden die Transporte aus Hamburg im Juli 1942 wieder aufgenommen. Bei »Osttransporten« erwartete die Betroffenen nun der Tod, während die Überlebenschancen im Ghetto Theresienstadt, das als »Vorzugslager« für Prominente, für im Ersten Weltkrieg Ausgezeichnete und Juden aus aufgelösten Mischehen sowie als »Altersghetto« galt, größer waren. Doch auch hier starben Tausende durch Krankheit und Hunger oder wurden in Vernichtungslager weitertransportiert. Nur 50 bis 80 meist in Mischehen lebende Juden entzogen sich der Aufforderung zum Transport durch Untertauchen.

Beate Meyer