Judenmission

Seit Beginn der Ansiedlung von Juden in Hamburg am Anfang des 17. Jahrhunderts hatte die städtische Geistlichkeit vergeblich vom Senat Maßnahmen zur Bekehrung der Juden zum christlichen Glauben, und damit die Umsetzung des Kernstücks der auf die Juden bezogenen Lehrsätze der lutherisch-orthodoxen Glaubenslehre in konkrete Politik gefordert.

1667 ergriff ein Bürger, der Privatgelehrte und Orientalist Esdras Edzard, die Initiative mit der Begründung einer judenmissionarischen Stiftung, die später als »Edzardische Jüdische Proselytenanstalt« bezeichnet wurde. Esdras Edzard verstand die J. als Lebensaufgabe, der er sich mit einem an Fanatismus grenzenden und gefährlichen Eifer hingab. Auf sein Wirken, das von einer großen Spendenbereitschaft Hamburger Bürger begleitet wurde, wird die ungewöhnlich hohe Zahl von 150 Taufen von Juden zwischen 1672 und 1708 zurückgeführt. Nach dem Tod des Stifters 1708 erst von Edzards Söhnen Sebastian und Georg Elieser weitergeführt, erfuhr die Stiftung 1761 unter der Schirmherrschaft des Rates eine Neuorganisation. Fortan wurde sie von einem Vorstand geleitet, der aus Geistlichen und Professoren bestand. Sie bot taufwilligen Juden und Jüdinnen neben materieller Unterstützung vor allem Unterricht in der christlichen Glaubenslehre. Zwar verlor die Stiftung seit dem 19. Jahrhundert an Bedeutung, überdauerte aber dennoch und wurde, nachdem sie während der nationalsozialistischen Herrschaft 1942 geschlossen worden war, bereits 1945 wieder ins Leben gerufen – ungeachtet der in den Jahren zuvor an den Juden begangenen Verbrechen. Unter dem Namen »Edzardi-Stiftung« existiert diese Stiftung bis heute, allerdings mit einem auf die Unterstützung von Christen in Israel verlagerten Arbeitsschwerpunkt.

Jutta Braden