Stern, (Louis) William

Psychologe und Philosoph, geb. 29.4.1871 in Berlin, gest. 27.3.1938 in Durham (USA)

S. wirkte 17 Jahre in Hamburg, während deren er das Psychologische Institut (bis 1929: Psychologisches Seminar und Laboratorium) zu einem international beachteten Zentrum psychologischer Forschung ausbaute. Aufgewachsen im assimilierten Berliner Reformjudentum, studierte S. in seiner Vaterstadt seit 1888 Psychologie und Philosophie und wurde dort 1893 promoviert. 1896 folgte er einem Angebot seines einstigen Lehrers Hermann Ebbinghaus, sich bei ihm in Breslau zu habilitieren. Ab Juli 1897 war S. zehn Jahre lang Privatdozent für »Philosophie, insbesondere Psychologie« an der Breslauer Universität, dann weitere neun Jahre Extraordinarius ebendort. In diese Zeit fielen auch die Heirat mit seiner Cousine Clara S. (1899) und die Geburt der Kinder Hilde (1900), Günther (1902; später der Philosoph Günther Anders) und Eva (1904). Teils in enger Kooperation mit Clara S. entstanden die Monographien über die Kindersprache und die Psychologie der frühen Kindheit. Parallel erschienen der erste Band von Person und Sache sowie Die differentielle Psychologie in ihren methodischen Grundlagen. Überdies war S. führend beteiligt an der Gründung des privaten »Instituts für angewandte Psychologie und psychologische Sammelforschung« in Berlin und seiner Zeitschrift. Gleichwohl blieb ihm der Ruf auf ein Ordinariat verwehrt, weil er nicht bereit war, um der Karriere willen seinen Glauben zu wechseln. 1916 wurde er auf die Hamburger Professur für »Philosophie, Psychologie und Pädagogik« berufen, auf der er eine breite Wirkung entfaltete. Mit Gründung der Universität zum Ordinarius ernannt, widmete er sich u. a. der Jugendkunde und Begabungsforschung, wobei er seine Untersuchungen zur Intelligenzprüfung fortsetzte. 1931 wurde er zum Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Psychologie gewählt. S.s Entlassung nach dem »Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums« 1933 bedeutete nicht nur das jähe Ende einer herausragenden Wissenschaftlerkarriere, sondern mit der Entlassung Heinz Werners und dem Freitod Martha Muchows auch das faktische Ende des Psychologischen Instituts. Das Ehepaar S. emigrierte 1934 in die Niederlande, kurz danach in die USA ( Emigration), wo William an der Duke University in Durham (North Carolina) ein knappes Auskommen, nicht aber eine neue Wirkungsstätte fand. In Hamburg erinnert seit 1964 die Sterntwiete in Lohbrügge an diesen vielseitigen Wissenschaftler, in der Universität die zu seinem hundertsten Geburtstag enthüllte Bronzebüste von Fritz Fleer im »Philosophenturm«, bei den Psychologen ein »William-Stern-Raum« im »Wiwi-Bunker« und, als »e.V.«, die »William-Stern-Gesellschaft für Begabungsforschung und Begabungsförderung«.

Eckart Krause