Schapire, Rosa

geb. 9.9.1874 Brody (Galizien), gest. 1.2.1954 London

Seit 1904 arbeitete S. als selbständige promovierte Kunsthistorikerin in Hamburg. Bereits früh engagierte sie sich für den Expressionismus. Seit 1907 war sie passives Mitglied der »Brücke« und gründete 1916 den Frauenbund zur Förderung deutscher bildender Kunst. Ihren Lebensunterhalt verdiente sie durch Vorträge sowie durch zahlreiche Publikationen. 1919 schloss sie sich als »literarisches Mitglied« der Hamburgischen Sezession an. Gemeinsam mit Wilhelm Niemeyer gab sie 1919-23 die Monatsschriften Die rote Erde und Kündung (1921) heraus. Durch die Vermittlung von Avantgarde-Kunst in Privatsammlungen sowie durch Präsentation ihrer reichen Sammlung moderner Kunst in der von Karl Schmidt-Rottluff gestalteten Wohnung suchte sie junge Künstler zu fördern. Diese revanchierten sich mit über 19 Schapire-Bildnissen. Fast 30 Jahre lang etablierte sie mit Gleichgesinnten ein tolerantes Kunst-Klima in Hamburg. Nach der Machtübernahme als Jüdin und Vertreterin der Moderne ausgegrenzt, veröffentlichte sie bis 1937 unter Pseudonym und setzte ihre Vortragstätigkeit vor privaten Hörerkreisen fort. Zudem engagierte sie sich im Jüdischen Kulturbund Hamburg und veranstaltete wöchentliche Treffen von Künstlern und Kunstfreunden in ihrer Wohnung. 1937 wurde sie als »Kritiker(in) der Systemzeit« in der Münchner Ausstellung »Entartete Kunst« angeprangert. Im August 1939 gelang ihr die Emigration nach England, während ihre Familie später im KZ in Polen umkam. Mit unermüdlicher Energie baute sie in London eine neue bescheidene Berufsexistenz auf. S. starb an einer Herzattacke auf der Freitreppe der Tate-Gallery.

Maike Bruhns