Judenreglement 1710

Das J. wurde 1710 im Zuge einer Revision der Hamburger Verfassung erlassen, die der Wiederherstellung politischer Stabilität in der Stadt nach der Eskalation heftiger Machtkämpfe zwischen Senat und Bürgern am Ende des 17. Jahrhunderts diente.

Obwohl es sich nicht um eine umfassende, erschöpfende Neuordnung des Judenrechts handelte, gab das J. als Bestandteil (Artikel 37) des Hauptrezesses von 1712 dem Leben der Juden in der Stadt eine neue rechtliche Grundlage, die bis 1849 Bestand hatte. Vor allem im Bereich religiöser Privilegien und Restriktionen knüpfte dieses Gesetzeswerk an die Rechtsverhältnisse der sefardischen Juden ( Portugiesisch-Jüd. Gemeinde) im 17. Jahrhundert an: Privileg religiöser Zusammenkünfte in Privathäusern, Privileg der Bestattung Verstorbener an christlichen Sonn- und Feiertagen; Verbot öffentlicher Synagogen, Verbot der Mission und der Lästerung des christlichen Glaubens u. a. Neu im Hamburger Judenrecht von 1710 waren die Vorschriften, die auf die Hauptbetätigungsfelder der aschkenasischen Juden im Kleinhandel sowie der Geld- und Pfandleihe zielten, wie beispielsweise das Verbot überhöhter Zinsnahme oder das so genannte Hehlerprivileg (Freistellung von Schadensersatzansprüchen im Falle unwissentlichen Erwerbs von Diebesgut). Obwohl die aschkenasischen Juden hinsichtlich ihrer Anzahl und wirtschaftlichen Bedeutung den Sefarden bereits den Rang abgelaufen hatten, wurde dem Nimbus der Sefarden im J. mit einer speziellen Privilegierung noch einmal Rechnung getragen: Wegen ihrer Verdienste um den »Hispanischen Handel« und ihres »ansehnlichen« Engagements im Großhandel erhielten sie das Recht, als Makler tätig zu sein. Die minder angesehenen Aschkenasen wurden dagegen einer restriktiven Spezialregelung unterworfen, nämlich einer korporativen Besteuerung – ausdrücklich wegen der fluktuierenden Größe ihrer Gemeinden und ihrer schwer einschätzbaren Sozial- und Wirtschaftsstruktur.

Jutta Braden