Corten, Martin Heinrich

Arzt und Funktionär, geb. 22.12.1889 Hamburg, gest. 23.11.1962 München

C. legte 1908 in Hamburg sein Abitur ab, studierte Medizin in Heidelberg und München und erhielt 1914 seine Approbation. Nach einer Assistenzzeit an der Frauenklinik in Stuttgart diente er als Sanitätsoffizier, arbeitete von 1920 bis 1927 als Landarzt in Weil und avancierte 1930 zum Leiter des pathologischen und neuropathologischen Instituts am Hufeland-Hospital in Berlin. Wegen seiner jüdischen Herkunft 1933 entlassen, kehrte der (getaufte) Mediziner nach Hamburg zurück. Von 1936 bis zur Aberkennung der Approbation 1938 arbeitete er als Prosektor am Jüdischen Krankenhaus. Ab Dezember 1940 leitete er als »Krankenbehandler« dort die Frauenstation, die Chirurgische Abteilung und übernahm schließlich die Leitung der Klinik. C.s zweite Ehe mit einer Nichtjüdin galt als »privilegierte« Mischehe, weil ihr eine 1940 geborene Tochter entstammte. Im Juni 1943 begleitete C. einen Transport nach Theresienstadt, wurde von der SS festgehalten und kam erst nach Intervention der Hamburger Gestapo wieder frei. Kurz darauf setzte diese ihn als »Vertrauensmann« der Rest-Reichsvereinigung ein. Als solcher unterstand C. der Gestapo direkt und zeichnete verantwortlich für alle Angelegenheiten, die die in Mischehe lebenden Hamburger Juden betrafen. Obwohl er als »Vertrauensmann« umstritten war und aus diesem Grund 1946 die Leitung des Krankenhauses niederlegen musste, ist es doch wesentlich sein Verdienst, dass die »Krankenstation« nach den schweren Luftangriffen im Sommer 1943 ihre Arbeit wieder aufnehmen und bis zum Kriegsende fortführen konnte. C. und Max Heinemann erreichten es im Februar 1945, als die Mischehepartner deportiert werden sollten, dass ärztliche Atteste zur Rückstellung vom vorgeblichen »auswärtigen Arbeitseinsatz« führten. Nach dem Krieg geriet C. in die Schlagzeilen der Hamburger Presse, als ihn seine Ehefrau, von der er sich trennen wollte, wegen Freiheitsberaubung durch Psychiatrieeinweisung verklagte. In einem aufsehenerregenden Prozess wurde er freigesprochen. C. praktizierte von 1947 bis 1956 als Allgemeinmediziner in Hamburg und verzog 1958 nach München.

Beate Meyer