Buchdruck, hebräischer

Titelblatt Predigt-Sammlung

Im 16. Jahrhundert wurden im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, Frankreich, den Spanischen Niederlanden, Italien und den Niederlanden fast 900 hebräische Bücher gedruckt. Zählt man auch das Osmanische Reich hinzu, so erschienen im 16. Jahrhundert 2.672 Bücher in hebräischer Sprache bzw. in hebräischen Lettern. Mit 17 Drucken aus dem 16. Jahrhundert zählt Hamburg zu den wichtigen Druckorten.

Hier erschienen u. a. bei Johann Sachse Urim veTumim (1586); Liber Psalmorum (1586); Derech ha-Kodesch (1587); bei Jacob Wolff Cubus Alphabeticus (1588); Biblia Hebraica (1588); Donatus Hebraicus; bei Ernst Jandeck Liber Psalmorum et Danielis (1588). Drucker wie Sachse, Wolff, Frobenius, Seidel oder Rebenlein verlegten zwischen 1600 und 1638 noch einmal 18 Bücher, darunter auch mit dem Zecher Raz von Binjamin Mussaphia ein Buch eines jüdischen Autors (Seidel, 1638). Zwischen 1581 und 1867 erschienen in Hamburg wohl mindestens 364 Bücher, davon 267 in Altona zwischen 1727 und 1861 und 46 in Wandsbek zwischen 1688 und 1738. Berücksichtigt man nur die zwischen 1469 und 1863 erschienenen Drucke in hebräischen Lettern (Hebräisch, Jiddisch), so kommt man für Hamburg auf 174 Drucke, für Altona auf 291 und für Wandsbek auf 44 Drucke. Da im 17. Jahrhundert zu keiner Zeit eine jüdische Druckerei in Hamburg bestand, mussten Bücher überwiegend aus Amsterdam und aus Italien importiert werden. Ihre Bücher ließen die Hamburger Sefarden (Portugiesisch-Jüdische Gemeinden) in Amsterdam oder Leiden drucken, aber auch bei Hamburger christlichen Druckern. In portugiesischer Sprache veröffentlichte der Kaufmann und Gemeindeführer Semuel Yachia (alias Álvaro Dinis) 1629 eine Predigtsammlung (Trinta Discursos) und 1633 der Rabbiner-Philologe Mose Abudiente eine Hebräische Grammatik (Gramatica Hebraica). Als frühe Beispiele für einen Subskriptionsdruck gelten das 1658 gedruckte talmudische Wörterbuch Keter Kehunna des Rabbiner-Philologen David Cohen de Lara sowie die einzig erhaltene Sammlung sabbatianischer Predigten Fin de los Dias (1665) von Mose Abudiente.

Auch im dänischen Altona gab es christliche Druckereien, die hebräische Typen verwendeten. Der erste jüdische Drucker war Samuel ben Mordechai Popert aus Koblenz. 1726 erhielt er das Druckerprivileg, ein Jahr später veröffentlichte er Me’orer Zikaron von Jehezkel Katzenellenbogen. Seine Druckerei existierte nur bis 1736, da er sich gegen Konkurrenz der Drucker Ephraim ben Hayyim Heckscher (Altona) und Israel ben Abraham Halle (Wandsbek) nicht durchsetzen konnte. Eine bedeutende Rolle in der jüdischen Literatur- und Geistesgeschichte spielte Jakob Emden, der 1743 das Privileg für den Druck hebräischer und rabbinischer Schriften erhielt. Sein populärster Druck war ein Gebetbuch (1745) mit der Approbation von Jehezkel Katzenellenbogen, das vor allem in Osteuropa dem Bräutigam zur Hochzeit geschenkt wurde. Moses ben Mendel Bonn Halevi, der in der Offizin von Emden beschäftigt war, besaß 1769 eine eigene Druckerei, die unter seinen Söhnen Samuel und Jehuda als Druckerei Bonn bis in den Anfang der nationalsozialistischen Zeit existierte. Bedeutendster jüdischer Drucker in Wandsbek war Israel ben Abraham. Als Zensor agierte der in Altona ansässige und in Jerusalem geborene Moses Hagiz, ohne dessen Approbation kein Druck erscheinen durfte. Israel ben Abraham begann seine Wandsbeker Druckerperiode mit dem 1726 gedruckten Mischna-Kommentar Leket ha-kemach von Moses Hagiz und beendete sie mit dem 1733 erschienenen Sefer Shechitot u-vedikot des Nürnberger Rabbiners Jacob Weil.

Michael Studemund-Halévy