Verein selbständiger jüdischer Handwerker und Gewerbetreibender in Groß-Hamburg

1906 gründeten Handwerker und Gewerbetreibende innerhalb der Deutsch-Israelitischen Gemeinde den V., der das unter den Juden wenig verbreitete Handwerk und entsprechende Lehrlingsausbildung fördern wollte.

Bei den Wahlen zum Repräsentanten-Kollegium 1911 konnte mit der Wahl des Steinmetzmeisters Eduard Berlin ein erster Erfolg verbucht werden. Bei der Gemeindewahl von 1920 erreichte die so genannte Handwerkerpartei 13,7 Prozent der Stimmen und entsandte nun auch den Malermeister Max Cossen in das 21-köpfige Kollegium. Bei den letzten regulären Wahlen von 1930 konnte die Wirtschaftsgruppe Handwerk und Gewerbe die Zahl der Mandate auf vier erhöhen. Einen Platz im Vorstand der Gemeinde konnte die »Wirtschaftspartei« bis 1938 jedoch nicht erreichen. In der Gemeindearbeit stand der Verein zumeist der liberalen Richtung nahe. 1935 hatte der V. 420 Mitglieder.

Der V. richtete eine eigene Berufsberatungsstelle ein, die auch Stellenvermittlung und später Berufsumschichtungen ( Hachschara) übernahm. Er gründete eine Lehrlingsabteilung, aus der sich eine Jugendgruppe des Handwerksvereins und ein selbständiger Lehrlings- und Gehilfenverein entwickelten, und errichtete 1928 unter Leitung von Rebekka Zadik ein eigenes Lehrlingsheim. Den allgemeinen wirtschaftlichen Schwierigkeiten Ende der zwanziger Jahre und der Diskriminierung durch das NS-Regime stellte sich der V. aktiv entgegen. 1931 hatte er eine Darlehenskasse gegründet, die dem Vorschuss-Institut der Gemeinde angegliedert wurde. Nach dem Boykott jüdischer Geschäfte bemühte sich der V., einen innerjüdischen Wirtschaftskreislauf herzustellen, und warb für solidarische Aufträge durch Angehörige der jüdischen Gemeinde. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, durch die kontinuierliche Emigration verstärkt, trafen vor allem die Handwerker und die Kleingewerbetreibenden. Gerade ihnen bot der Verein durch zahlreiche Veranstaltungen und Hilfsmaßnahmen einen Rückhalt. Ende 1938 löste die Gestapo den Verein auf.

Ina Lorenz