Konzentrationslager in Hamburg

Bereits Ende März 1933 wurde provisorisch in einer Torfverwertungsfabrik in Wittmoor das erste Hamburger KZ eingerichtet, in dem fast ausnahmslos Kommunisten inhaftiert wurden. NSDAP-Gauleiter Karl Kaufmann unterstützte Pläne der Landesjustizverwaltung, »sämtliche Konzentrationshäftlinge unter einheitliche straffe Verwaltung in Fuhlsbüttel« zu stellen.

Mit der offiziellen Eröffnung des KZ in dem ehemaligen Frauengefängnis Fuhlsbüttel im September 1933 änderten sich die Verhältnisse. Anders als das Lager in Wittmoor, dessen Auflösung einige Wochen später erfolgte, wurde das im zeitgenössischen Sprachgebrauch als Kola-Fu bezeichnete KZ Fuhlsbüttel schnell zu einem Inbegriff für Grauen, Leiden und Sterben. Kein anderes KZ wies in den Vorkriegsjahren eine so hohe Todesrate auf wie das Kola-Fu. Vor allem politische Regimegegner (zumeist Kommunisten und Sozialdemokraten), aber auch so genannte »Asoziale«, Zeugen Jehovas, Homosexuelle, Juden (1938 z. B. wurden über 700 Männer nach dem Novemberpogrom eingeliefert) und während des Krieges Tausende ausländischer Widerstandskämpfer und Zwangsarbeiter waren hier inhaftiert. Seit 1935 hatte sich die Hansestadt um einen Ersatz für das inmitten der Stadt gelegene KZ bemüht. Die SS verlegte im Dezember 1938 ein Außenkommando des KZ Sachsenhausen nach Neuengamme. In den ersten Kriegsmonaten fiel nach einem Besuch Himmlers die Entscheidung, Neuengamme zu einem großen KZ auszubauen. Noch im Frühjahr 1940 wurde Neuengamme zum eigenständigen KZ erklärt. Die Häftlinge, deren Zahl schnell auf mehrere Tausend stieg, arbeiteten im Lageraufbau, beim Tonabbau für die Ziegelproduktion, bei der Schiffbarmachung der »Dove-Elbe« und der Anlage eines Stichkanals mit Hafenbecken. Im Verlauf des Krieges wurden Zehntausende aus allen besetzten Ländern Europas nach Neuengamme verschleppt. Die Zahl der Häftlinge betrug etwa 100.000, darunter waren ca. 13.000 Juden; die meisten von ihnen hatte die SS ab Sommer 1944 aus dem KZ Auschwitz-Birkenau zum Arbeitseinsatz in den Außenlagern überstellt. Schlechte Arbeitsbedingungen, ungenügende Ernährung, unzureichende medizinische Versorgung und katastrophale sanitäre Verhältnisse sowie Misshandlungen führten zum Tod vieler Häftlinge. Insgesamt zählten zum KZ Neuengamme 86 Außenlager. Im Hamburger Stadtgebiet gab es insgesamt 17 Außenlager, davon sieben für weibliche Häftlinge. Mit der Einrichtung von inmitten der Stadt gelegenen Außenlagern, einzelnen Arbeitseinsätzen auch an belebten Orten und den täglichen Wegen zwischen den Einsatzorten und den Lagern waren die Häftlinge auch für die Hamburger Bevölkerung sichtbar. Bei Kriegsende befanden sich im Hauptlager noch 14.000 und in den Außenlagern zusammen 40.000 Häftlinge, davon fast ein Drittel Frauen. Die Übergabe der Stadt an die Briten sollte kampflos stattfinden, dafür wollte man die Stadt frei von »KZ-Elendsgestalten« wissen. Die Folgen waren Todesmärsche nach Bergen-Belsen, Sandbostel und Wöbbelin und die Verbringung der letzten 10.000 Neuengammer Häftlinge auf als »schwimmende K.« dienende Schiffe. Am 3. Mai 1945 griffen britische Jagdbomber die in der Neustädter Bucht ankernden Schiffe, die sie für Truppentransporter hielten, an. Dabei kamen annähernd 7.000 Häftlinge ums Leben. Britische Soldaten betraten am 2. Mai in Neuengamme ein menschenleeres Lager. Bis dahin waren im Stammlager Neuengamme, in den Außenlagern und im Zuge der Lagerräumungen mindestens 42.900 Menschen zu Tode gekommen. Hinzu kommen mehrere tausend Häftlinge, die nach ihrem Abtransport oder nach Kriegsende an den Folgen der KZ-Haft gestorben sind.

Detlef Garbe