Archiv der Jüdischen Gemeinde

Das Archivgut der jüdischen Gemeinden ist in großem Umfang erhalten und dokumentiert ihre Geschichte vom 17. Jahrhundert bis in die NS-Zeit.

Aus ältester Zeit stammen Dokumente der sefardischen Gemeinde und der bis 1812 in der Dreigemeinde vereinten aschkenasischen Gemeinden von Hamburg, Altona und Wandsbek. Die Protokolle des für Schleswig-Holsteins Provinzialgemeinden zuständigen Altonaer Rabbinatsgerichts (Gerichtsbarkeit) sind ab 1768 erhalten. Die Archivalien der Deutsch-Israelitischen Gemeinde in Hamburg, der Hochdeutschen Israelitengemeinde in Altona und der Jüdischen Gemeinden in Wandsbek und Harburg umfassen den Zeitraum 1812 bis 1937. Das Schriftgut der Kultusverbände ist allerdings nahezu völlig verloren; auch wurden die nach 1933 entstandenen Gemeindeakten durch einen Luftangriff 1943 weitgehend vernichtet. Dennoch ist der große Umfang des Archivguts der Hamburger jüdischen Gemeinden im Vergleich mit anderen jüdischen Großgemeinden Deutschlands ein glücklicher Sonderfall. Seit den zwanziger Jahren entwickelten Vorstandsmitglieder der Deutsch-Israelitischen Gemeinde unterschiedliche Pläne zur Erfassung, Erschließung und zentralen Verwahrung der Dokumente jüdischer Gemeinden Hamburgs. Der Novemberpogrom 1938 setzte diesen Bestrebungen ein Ende; die Gestapo beschlagnahmte das Archiv, beließ es jedoch in Hamburg und stimmte seiner Überführung in das Stadtarchiv zu. Die Bemühungen des Jüdischen Religionsverbandes und des Rechtsanwalts Hans W. Hertz um den Verbleib in Hamburg hatten Erfolg. In den fünfziger Jahren wurde das Archivgut von Jacob Jacobson unter der Mitarbeit von Hans W. Hertz grundlegend verzeichnet und zum Archivbestand »Jüdische Gemeinden« formiert; Jacobson transkribierte außerdem die hebräisch geführten Geburts- und Sterberegister. Seit Anfang der fünfziger Jahre bemühten sich die Jewish Historical General Archives (die heutigen Central Archives for the History of the Jewish People, Jerusalem), das gerettete Archivgut zu übernehmen. 1959 wurde ein Vergleich getroffen, der eine Aufteilung des Bestandes zwischen dem Jerusalemer Archiv und dem Hamburger Staatsarchiv vorsah. Beide Archive erhielten Mikrofilme von den Archivalien, die ihnen nicht im Original zugesprochen wurden. Die Jüdische Gemeinde in Hamburg hat dem Staatsarchiv auch Archivgut aus der Zeit nach 1945 als Depositum übergeben. Ergänzt durch das im Staatsarchiv verwahrte staatliche Schriftgut zur Geschichte der Juden in Hamburg steht der Forschung mit dem Bestand »Jüdische Gemeinden« eine reichhaltige Quellenbasis zur Verfügung.

Jürgen Sielemann