Cohen de Lara, David

Rabbiner und Philologe, geb. um 1602 Hamburg, Amsterdam oder Lissabon, gest. 20.10.1674 Hamburg

Der noch immer in seiner wissenschaftlichen Bedeutung verkannte C. zählte zu den bedeutendsten sefardischen Philologen des 17. Jahrhunderts. Nach einem Studium am Amsterdamer Rabbinerseminar lebte C. längere Zeit in Amsterdam und Leiden, bevor er 1627 Rabbiner in Hamburg wurde. In der Hansestadt erlangte er als Sprachforscher und Übersetzer rasch überregionale Berühmtheit. Seine Arbeiten wurden auch von christlichen Hebraisten gelesen, und Hamburger Lutheraner schätzen ihn trotz ihrer erklärt antijüdischen Haltung als Autor und Gesprächspartner. Seit etwa 1639 amtierte C. als Rabbiner der Hamburger Kongregation Neve Salom, um nach deren Zusammenschluss mit den übrigen zwei portugiesisch-jüdischen Gemeinden im Jahre 1652 zum religiösen Oberhaupt der Einheitsgemeinde Bet Israel gewählt zu werden. 1668 erschien in Hamburg sein (unvollendetes) talmudisches Wörterbuch Keter Kehunna, dessen Druck durch die Subskription überwiegend christlicher Hebraisten oder Theologen ermöglicht wurde und das zu den größten Leistungen der rabbinischen Lexikographie des 17. Jahrhunderts zählt. Nach der überraschenden Berufung des venezianischen Gelehrten Isaac Jessurun zum Oberrabbiner verließ C. 1656 enttäuscht Hamburg, kehrte jedoch nach Jessuruns Tod 1665 in die Hansestadt zurück. Seine Hoffnung, die nun vakante Stellung zu erhalten, erfüllte sich nicht, da Mose Israel ihm als Oberrabbiner vorgezogen wurde. 1666 kam es auf dem Höhepunkt der sabbatianischen Bewegung zum Bruch mit der Hamburger Gemeinde, deren Begeisterung für den selbsternannten Messias Sabbatai Zwi C. vehement kritisierte. Aus Holland, wo er die nächsten Jahre verbrachte, kehrte er erst kurz vor seinem Tode in die Elbmetropole zurück.

Michael Studemund-Halévy