Birnbaum, Salomo Ascher

Jiddist und Paläograph, geb. 24.12.1891 Wien, gest. 28.12.1989 Toronto (Kanada)

B. war der älteste Sohn des Publizisten Nathan Birnbaum, eines Vorkämpfers des Zionismus und Initiators der Czernowitzer Sprachkonferenz von 1908. Ab 1910 absolvierte B. zunächst ein Studium der Architektur und beschäftigte sich nebenher mit der jiddischen Sprache. Bereits 1915 vollendete er die Arbeiten an der ersten zusammenhängenden wissenschaftlichen Grammatik des Jiddischen. Nach dem Studium der Orientalistik in Wien, Zürich, Berlin und Würzburg, wo er 1921 promovierte, siedelte er nach Hamburg über. Zwischen 1922 und 1933 lehrte B. auf Initiative des Germanisten Conrad Borchling Jiddische Sprache und Literatur im Rahmen des Allgemeinen Vorlesungswesens. Laut B. wurde hier zum ersten Mal »die jiddische Sprache im Rahmen einer modernen deutschen Universität Lehrgegenstand«. B.s zweiter Forschungsschwerpunkt war die Hebräische Paläographie. Sein 1957 und 1971 erschienenes zweibändiges Werk The Hebrew Scripts gilt bis heute als Standardwerk auf diesem Gebiet. 1929 hatte B. eine frühere Version dieser Arbeit als Habilitation an der Universität Hamburg einzureichen versucht; sie wurde jedoch nicht angenommen, vermutlich aus politischen Gründen. Auch das zusammen mit dem Sprachsoziologen Heinz Kloss geplante Institutum Germano-Judaicum für nahgermanische Sprachen in Hamburg ließ sich nicht mehr realisieren. Im Frühjahr 1933 ging B. nach London, wo er Jiddisch und Hebräische Paläographie an der London School of Oriental Studies und an der School of Slavonic Studies lehrte. 1970 verlegte er seinen Wohnsitz nach Toronto. 1986 wurde B., der Ehrenmitglied des Kuratoriums des Instituts für die Geschichte der deutschen Juden in Hamburg war, die Ehrendoktorwürde der Universität Trier verliehen.

Dorothea Greve