Stern, Anschel

Rabbiner, geb. 1820 Steinbach, gest. 11.3.1888 Hamburg

S., Sohn eines rabbinischen Gelehrten, betrieb religiöse Studien unter anderem bei den streng traditionellen Talmudisten Seckel Wormser in Fulda und Seligmann Bär Bamberger in Wiesenbronn, dem er 1840 nach Würzburg folgte. 1844 nahm er ein Studium der Orientalistik an der dortigen Universität auf, während er zugleich als Hauslehrer in den Dienst des Barons Joel Jakob von Hirsch trat. 1848 wirkte S. zunächst als Religionslehrer und Hilfsrabbiner in Bad Homburg. Nach seiner Ordination war er seit 1851 als Rabbiner in Hamburg tätig. Allerdings wurde ihm die besondere Ehrenstellung vorenthalten, die sein Vorgänger Isaac Bernays innegehabt hatte. Trotz seiner eingeschränkten Autorität und unbeschadet mittelmäßiger Talente als Prediger machte sich S., der 1855 die Tochter des britischen Chief Rabbi Nathan Adler heiratete, um das religiöse Gemeindeleben verdient. Er erteilte Talmudschülern privaten Unterricht und gründete 1862 den religiösen Lernverein Mekor Chajim. Überdies gelang es ihm, die von der Gemeinde unterhaltene und unter seiner Leitung stehende Talmud Tora Schule als Realschule 2. Ordnung auszubauen, die auch unter nichtorthodoxen Eltern einen ausgezeichneten Ruf genoss. Nach der 1867 erfolgten Neuordnung der Hamburger Deutsch-Israelitischen Gemeinde als Dachverband zweier Kultusverbände trug S. den Titel eines Oberrabbiners, als welcher ihm aber nur noch die Betreuung von Mitgliedern des (orthodoxen) Synagogenverbandes zukam.

Andreas Brämer