Abudiente, Mose Gideon

Rabbiner, Philologe und Dichter, geb. ca. 1610 Amsterdam oder Lissabon, gest. 4.3.1688 Hamburg

Der zeitweilige Sabbatianer A. gehörte zu den produktivsten und einflussreichsten Autoren der Hamburger Portugiesen im 17.Jahrhundert. Nach einem theologischen Studium in Amsterdam wirkte er 1624 an der Aufführung des von seinem späteren Schwiegervater Reuel Jessurun verfassten Dialogs der Sieben Berge (Dialogo dos 7 Montes) mit. Der mit Sara Jessurun verheiratete A. lebte als Rabbiner und Privatgelehrter in Glückstadt und in Hamburg. In der Hansestadt veröffentlichte er 1633 eine in portugiesischer Sprache verfasste Grammatik der hebräischen Sprache, in der das Kapitel über das Dichten in mehreren Sprachen besonders bemerkenswert ist, da einige in diesem Kapitel behandelte Vorschriften in seinen Hamburger Epitaphien Verwendung fanden. 1652 unterzeichnete A. die Gründungsvereinbarung der Portugiesisch-Jüdischen Gemeinde Bet Israel, die ihm in den folgenden Jahren immer wieder wichtige Gemeindeämter übertrug. Auf dem Höhepunkt der Krise um den selbsternannten Messias Sabbatai Zwi (1666) verfasste er in Glückstadt in spanischer Sprache die Predigtsammlung Fin de los Dias (Vom Ende aller Tage), die »über die in den Propheten verkündete Endzeit handelt« und der innergemeindlichen Zensur zum Opfer fiel. Der Vorstand der Portugiesengemeinde, der einen Konflikt mit der lutherischen Geistlichkeit befürchtete, ordnete unverzüglich an, das Buch einzuziehen. Fin de los Dias kann als eines der ersten durch Subskription verlegten Bücher in Deutschland gelten. Abudiente erwarb sich weiterhin einen Namen als Verfasser zahlreicher Epitaphien sowie kunstvoll-gelehrter Gedichte in hebräischer Sprache, von denen einige erst ein Jahrhundert nach seinem Tode in der Zeitschrift der jüdischen Aufklärung HaMe’assef veröffentlicht wurden.

Michael Studemund-Halévy