Goldstein, Harry

Goldstein, Harry

(auch: Heimann), Gemeindevorsteher, geb. 20.7.1880 Waldenburg (Schlesien), gest. 10.6.1977 Hamburg

G., dessen Familie aus Posen stammte, trat nach Absolvierung einer kaufmännischen Lehre in das väterliche Herrenbekleidungsgeschäft ein. 1907 siedelte er nach Hamburg über, wo er als Handelsvertreter arbeitete. Am Ersten Weltkrieg nahm er von 1914 an teil und wurde mehrfach ausgezeichnet. 1919 in die Hansestadt zurückgekehrt, nahm er seine alte Berufstätigkeit wieder auf und heiratete die Hamburgerin Clara Rohweder, die kurz zuvor zum Judentum übergetreten war. Seine politische Heimat wurde der Reichsbund jüdischer Frontsoldaten, dessen Hamburger Ortsgruppe ( Vaterländischer Bund) er mit begründete und in dessen Leitung er ununterbrochen tätig war. Im Sommer 1934 entlassen, widmete G. sich vornehmlich Verwaltungsarbeiten in jüdischen Organisationen, insbesondere im Reichsbund und in der Sportgruppe »Schild« ( Sportvereine). Nach deren Auflösung 1939 übernahm G. allgemeine Wohlfahrtsaufgaben im neuen Jüdischen Religionsverband, um sich nach dessen Verbot 1943 um die wenigen von den Deportationen verschont gebliebenen Mitglieder der Restgemeinde zu kümmern. Das einzige Kind der Goldsteins hatte 1939 eine Gelegenheit zur Emigration nach Schweden genutzt. Nach Ende des Weltkrieges wurde G. zur treibenden Kraft beim Wiederaufbau einer jüdischen Gemeinde in Hamburg, die er zusammen mit anderen Mitgliedern der ehemaligen Gemeinde im September 1945 von Neuem gründete. G. wurde zum Vorsitzenden des Vorstandes berufen, eine Funktion, die er über zehn Jahre lang innehatte. Er kümmerte sich ebenso um die Versorgung der zahlreichen verarmten jüdischen Bürger wie um die Lösung von Entschädigungs- und Wiedergutmachungsfragen. Zudem betrieb er die Wiederherstellung jüdischer Einrichtungen wie der Synagoge, des Friedhofs in Ohlsdorf, eines Alten- und Pflegeheims und den Bau eines Krankenhauses. G. warb allenthalben um Verständnis für das Verbleiben deutscher Juden im »Land der Mörder«. Er pflegte Kontakte zu angloamerikanischen jüdischen Hilfsorganisationen und wirkte in den sich seit Mai 1946 entwickelnden überregionalen Gremien der jüdischen Gemeinden in der Britischen Zone mit. Im Mai 1952 zählte er zu den Gründungsmitgliedern der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit in Hamburg. G.s Wirken war stets darauf gerichtet, dem jüdischen Leben einen anerkannten Platz in Hamburg zu sichern, und er trat nachdrücklich dafür ein, dass die Öffentlichkeit der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus eingedenk blieb. Bereits 1955 ehrte ihn die Stadt Hamburg mit der Verleihung der silbernen Medaille für treue Arbeit im Dienste des Volkes. 1956 erhielt er das Bundesverdienstkreuz erster Klasse.

Uwe Lohalm