Verband der Jüdischen Gemeinden Schleswig-Holsteins und der Hansestädte

Nach dem Vorbild bereits bestehender preußischer Provinzialverbände 1912 in Kiel gegründet, bezweckte der Verband der Jüdischen Gemeinden Schleswig-Holsteins die wirksame Förderung gemeinsamer Interessen der Verbandsgemeinden, und zwar insbesondere durch deren Vertretung gegenüber Behörden, durch die Schlichtung von Streitigkeiten sowie durch die Regelung der Armenpflege und der Fürsorge für Wanderarme.

Zudem zielte seine Arbeit auf die Unterstützung finanziell leistungsschwacher Mitgliedsgemeinden bei der Aufrechterhaltung von Gottesdienst, Religionsunterricht und ritueller Schlachtung. Größere Aktivitäten auf diesen Gebieten entwickelte er erst nach seiner Neukonstituierung 1925 in Altona, als sich ihm alle jüdischen Gemeinden Schleswig-Holsteins anschlossen. Da diese mehrheitlich selbst unterstützungsbedürftig waren, bemühte sich die Führung – um der finanziellen Konsolidierung des Verbandes willen – um dessen Erweiterung über die Provinzgrenzen hinaus. Mit dem 1929 erfolgten Beitritt Hamburgs, Bremens und Lübecks wurde der V. geschaffen und damit erstmals ein Zusammenschluss jüdischer Gemeinden aus verschiedenen Ländern des Deutschen Reiches. Später kamen noch die jüdischen Gemeinden des Freistaats Oldenburg und des Regierungsbezirks Stade hinzu. Verbandsvorsitzender war von 1912 bis 1931 der Wandsbeker Rechtsanwalt Willy Victor, von 1932 bis 1935 sein Altonaer Kollege Alfred Manasse (1881-1958) und nach dessen Emigration der Kaufmann Paul Möller (1892-1944). Lag der Schwerpunkt der Tätigkeit des V. in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts auf der Sicherung des religiösen Kultus in den Kleingemeinden durch die Einstellung von Bezirksrabbinern und Bezirkslehrern, so stand nach der NS-Machtübernahme die Wohlfahrt ( Sozial- und Wohlfahrtswesen) im Mittelpunkt der Arbeit, außerdem die seelische Betreuung der zusehends in die Isolation getriebenen kleinstädtischen Juden, für die man eine Wanderbibliothek einrichtete, Kulturabende und Ferienkurse durchführte sowie eine Provinzial- und Wanderfürsorgerin einstellte. Dokumentiert sind die Aktivitäten des V. und seiner Mitgliedsgemeinden im Israelitischen Kalender für Schleswig-Holstein, der von 1926 bis 1928 herausgegeben wurde, und im Jahrbuch für die Jüdischen Gemeinden Schleswig-Holsteins und der Hansestädte, das von 1929 bis zur erzwungenen Einstellung der Arbeit im Jahr 1938 erschien.

Bettina Goldberg