Gutmann, Julius
Opernsänger, geb. 18.6.1889 Andrichau (Galizien), gest. 22.10.1960 New York
G. kam 1923 ans Hamburger Stadttheater, wo er zehn Jahre lang große Solopartien u. a. in Wagner-Opern (Ring des Nibelungen, Tristan, Parsifal) sowie in Opern von Mozart, Beethoven und Strauss auf der Bühne sang. Mit Ende der Spielzeit 1933/34 wurde G. wegen seiner jüdischen Abstammung zwangspensioniert. Nachdem er im Februar 1934 noch bei einem Wohltätigkeitskonzert der Ostjüdischen Vereinigung Groß-Hamburg im → Gabriel Riesser-Saal hebräische und jiddische Lieder gesungen hatte, erhielt er ein Engagement am Deutschen Theater in Prag. Die Stadt wurde für ihn und seine Familie die erste Exilstation. G.s Repertoire erweiterte sich um Rollen u. a. aus Opern von Verdi (Falstaff) und Schostakowitsch (Katerina Ismailowa). Außerdem wirkte er bei der Agitprop-Gruppe Der Rote Stern mit. Nach dem Einmarsch deutscher Truppen in Böhmen im Juni 1939 floh G. nach England, wohin ihm seine Frau bald folgte; die beiden Kinder konnten schon vorher in die USA emigrieren (→ Emigration). In London wirkte G. bei Veranstaltungen von Emigrantenvereinigungen (z. B. im Austrian Centre) mit und sang während des Krieges für die britischen Truppen. Ein besonderer Auftritt galt im November 1942 dem Fonds »Lidice shall live« in der Wigmore Hall in London, wo G. einen Liederabend gab. Nach Ende des Krieges siedelten die Gutmanns in die USA zu ihren Kindern über. In den letzten Jahren seines Lebens in New York hielt G. sich und seine Frau mit Gesangsunterricht über Wasser. Das bedrückende Exildasein wurde noch beschwert von dem Wissen, dass seine drei Brüder der Schoah zum Opfer gefallen waren.