Warburg, Abraham/Aby Moritz

Kunsthistoriker, geb. 13.6.1866 Hamburg, gest. 26.10.1929 Hamburg

Nach dem Abitur am Hamburger Johanneum studierte W. ab 1886 Kunstgeschichte, Geschichte und Archäologie in Bonn, München und Straßburg. Für seine 1892 vorgelegte Dissertation ging er nach Florenz, um dort Untersuchungen über die Vorstellungen von der Antike in der italienischen Frührenaissance durchzuführen. Seit 1897 war er mit der protestantischen Malerin Mary Hertz verheiratet. Aus der Ehe gingen die Kinder Marietta, Max Adolph und Frede C. hervor. Um 1900 begann W. eine intensive Vortragstätigkeit, die weite Beachtung fand. Dagegen veröffentlichte er zeitlebens nur relativ wenige Texte, stets skeptisch gegenüber deren Qualität. Sie bezeugen jedoch einen intellektuellen und sprachschöpferischen eigenwilligen Kopf. W. wollte schon früh einen selbständigen Weg gehen. So wandte er sich während des Studiums mehr und mehr von religiösen Praktiken ab, die in seinem Elternhaus noch traditionell gepflegt wurden. Anstellungen an der Hamburger Kunsthalle schlug er aus, ebenso ein Angebot der Universität Kiel. 1912 verlieh ihm der Hamburger Senat die Professorenwürde – nicht nur wegen seiner Verdienste um die kulturgeschichtliche Wissensvermittlung, sondern weil er seit 1907 mit der Gründung der Hamburger »Wissenschaftlichen Stiftung« die Idee einer Universität maßgeblich gefördert hatte. Seit 1888 kaufte W. in großen Mengen Bücher an, die um 1911 eine 15.000 Bände umfassende Bibliothek ausmachten. Zwei Jahre später stellte er Fritz Saxl als Forschungsassistenten ein. Der wissenschaftliche Grundstock für die Kulturwissenschaftliche Bibliothek Warburg (KBW) war gelegt. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs brach W. physisch und psychisch zusammen. Erst 1924 kehrte er nach mehreren Sanatoriumsaufenthalten nach Hamburg zurück. Im Mai 1926 wurde die KBW mit 46.000 Bänden in der Heilwegstraße (93) eingeweiht. Bis zum Ende seines Lebens arbeitete W. an einem neuartigen Bildatlas (Mnemosyne), um das Fortwirken der Antike zu dokumentieren. W. war nach eigener Aussage »Jude von Geburt, Hamburger im Herzen, im Geiste ein Florentiner«, eine Kombination, die sich im Leben und Werk auf eine faszinierende Weise realisierte.

Thomas Meyer