Liebermann, Rolf
Intendant, Musiker und Komponist, geb. 14.9.1910 Zürich, gest. 2.1.1999 Paris
L. ist vor allem als langjähriger Intendant der Hamburgischen Staatsoper bekannt. Während seiner zwei Intendanzen von 1959 bis 1973 und 1985 bis 1988 hat er die Staatsoper auf Weltniveau gehoben. Seine jüdische Herkunft trug er nicht wie ein Schild vor sich her, musste aber erfahren, dass sie aufgrund der politischen Entwicklung seinen Werdegang beeinflusste. Schon 1938 vertraute ihm sein Lehrer Hermann Scherchen in Wien nicht nur aufgrund seiner Begabung die Leitung des »Musica-viva«-Orchesters an, das überwiegend aus jüdischen Musikern bestand. Bei seiner Einstellung als Tonmeister am Radio Zürich (1944) meinte Direktor Jakob Job ihn auf seine besondere Verantwortung als »einziger Jude in der Schweizerischen Rundfunkgesellschaft« aufmerksam machen zu müssen. L. war sich bewusst, dass sich in der Nachkriegszeit seine Berufungen auf öffentliche Positionen als Politikum – im Sinne einer → Wiedergutmachung – eigneten, doch fochten ihn solche Tatsachen nicht an. 1957 wurde er zum Leiter der Hauptabteilung Musik des Norddeutschen Rundfunks ernannt. Für L., dessen in Berlin lebende Familie wie viele seiner Freunde unter dem Naziregime gelitten hatte, zählte nur der Blick nach vorn. Es galt Künstlern und der Kunst zu helfen, um nachzuholen, was durch Verbote in der Hitlerdiktatur unmöglich gewesen war. In seiner zweijährigen Tätigkeit am NDR rief er Institutionen ins Leben, die bis heute Bestandteile im Programm des NDR sind – so der Jazz-Workshop oder die Reihe Podium der Jungen (»Podium Rolf L.«). Trotz der Schaffenspausen, die er sich während seiner Intendanzen in Hamburg und Paris (1959 bis 1988) auferlegte, hat L. ein reiches kompositorisches Werk hinterlassen. Grundlage seines Komponierens war die Zwölftontechnik, die er mit Elementen des Jazz kombinierte, unter Berücksichtigung klassischer Formen und unter Einbeziehen von Folklore und Unterhaltungsmusik.